HARBOR mit Ferretti unterwegs. Neue Modelle und eine legendäre Ferretti-Nacht.
Schon mal vorweg: Wir haben uns alle umarmt. Bei lauen Temperaturen, im Yachthafen von Monaco, haben wir einfach mal einen Abend zelebriert. Yachten besichtigt und vom großen Geld geträumt, ein Gläschen Champagner getrunken und lautstark gesungen. Denn wenn Ferretti, wie jedes Jahr, zum Auftakt der Bootsschauen an der Côte d'Azur lädt, ist keine Zeit für Langeweile. Dann heißt es: Empfang im Yachthafen für Gäste, die aus der ganzen Welt angereist sind, Gala-Dinner im Yachtclub, aufgetischt von keinem Geringeren als Sternekoch Massimo Bottura, Live Konzert von Umberto Tozzi und jeder Essensgang musikalisch von weiteren Stars begleitet. Sie sind legendär, die Ferretti-Events, und jeder empfindet die beson- dere Ehre, wieder mal dabei sein zu dürfen.
Wir besichtigen die insgesamt 22 Yachten, die ausgestellt sind, bewundern Premieren, wie die neuen Ferretti Yacht Modelle 780 und 1.000, die Riva 76 Perseo Super, die Pershing 6X und die Wally Why 200. Und stellen dann CEO Alberto Galassi die Frage, welche der Yachten ihm denn besonders gut gefällt?
Alberto Galassi: Das ist wie eine Mutter zu fragen, welches Kind sie lieber mag. Das kann man kaum beantworten. Wir haben verschiedene Brands unter einem Dach vereint, aber alle Yachten haben unterschiedliche Charaktere. Vom Segelboot, der Wally Performance bis zu etwas Elegantem, wie einer Riva Yacht und bei Custome Line kann man seine Boote persönlich nach seinen Ansprüchen zusammenstellen, eine Pershing hingegen ist wie ein Kämpfer. Ich habe kein "Lieblingskind" hier, aber ich liebe es, dass Klienten je nach Gusto zu einem anderen Brand wechseln können. Es gibt ja viele Automobilgruppen, die Fahrzeuge von SUVs bis zu Supercup Autos anbieten. Das ist bei uns ähnlich. Aber jetzt erzähle ich Ihnen mal meine Geschichte: Ich bin auf einer Riva groß geworden. Mein Vater – er ist übrigens bei unserem Event dabei, er ist 86 – kaufte damals, 1974, eine Riva, und ich erinnere mich an Wasserskifahrten mit dieser Riva. Wenn Sie mich also nach meinem Liebling fragen, gerate ich wirklich unter Druck, denn als ich 2013 zur Ferretti Group kam, liebte ich Riva. Und ich war ebenfalls ein Rivabesitzer bevor ich CEO wurde. Aber jetzt wird die Beantwortung Ihrer Frage kompliziert, denn nun habe ich eine Custom Line und sie ist wie eine schwimmende Villa. Nun bin ich also gespalten. Dann kam Wally zu uns und eine Wally bedeutet einen echten Adrenalin Kick. Jetzt will meine Frau eine Wally, weil man mit der – wir leben auf Capri – so unkompliziert direkt zu den Restaurants fahren kann. Und jetzt noch eine Info: Ich bin selbst schon mit Militärjets geflogen. Ab und zu fliege ich noch, aber exakt das gleiche Gefühl habe ich auf einer Pershing. Ich kann mich wirklich als glücklich bezeichnen, denn ich kann mich jetzt damit spielen, zu wählen.
Sie sind Kampfpilot?
Nein, ich war neun Jahre bei einem Flugzeughersteller beschäftigt, der auch die Triebwerke für die Jets von Frecce Tricolori hergestellt hat. Wir haben damals auch die italienische Luftwaffe unterstützt und beliefert. Und so hatten wir Kontakt zur Luftwaffe und ich woll- te in meinem Leben immer Kampfpilot werden. Aber ich habe hier auf meine Mutter gehört, die gesagt hat: „Du wirst in kürzester Zeit damit abstürzen, denn Dein Mindset ist dafür nicht geeignet.“ Denn man muss als Kampfpilot so exakt in der Ausführung sein, wie ein Ingenieur, regelrecht kaltblütig und es reicht nicht, nur Talent zu besitzen, sondern man muss auch bestens ausgebildet sein und trainiert, denn wenn man irgendetwas vergisst, stürzt man ab. Und so hieß es immer, ich sei nicht diszipliniert genug dazu und zu emotional.
Wie ist es für Sie, nach der Corona-Pause
wieder in Monaco zu sein?
Wir waren in Monaco letztes Jahr! Wir waren das einzige Brand allerdings. Was ich aus dem gestrigen Abend gelernt habe ist, dass Menschen für drei oder vier Stunden vergessen haben, was wir durchgemacht haben. Und so sind wir gestern alle zum normalen Leben zurückgekehrt, haben getrunken, gegessen, gelacht, uns unterhalten und Erlebnisse geteilt, gesungen und getanzt. Das Miteinander ist so sehr bedeutend. Insofern Danke an die Impfung, denn alles, was es braucht, dieses Leben wieder führen zu können, mache ich. Am Ende des Tages sind wir alle soziale Menschen. Wir sind nicht dazu geboren, alleine zu sein und wir brauchen den Aus- tausch. Und ich hasse die ganzen Zoom Calls. Das kann ruhig wieder weniger werden. Ich muss Menschen anfassen können, persönlich treffen, in Kontakt kommen. In deren Augen schauen können und die Körpersprache lesen. Das haben wir alle vermisst. Die Chemie, die Elektrizität zwischen den Menschen ist unterschiedlich und liegt in der Luft und ich mache alles, dass wir das wieder haben werden. Wenn ich mich dazu neu erfinden muss, erfinde ich mich eben neu.
Wie sieht es denn mit Nachhaltigkeit aus, bei Ferretti?
Ein großes Thema bei Luxusyachten!
Wir waren das erste Unternehmen in der Industrie, das einen Nachhaltigkeitsreport gemacht hat. Ich denke, der Report ist inzwischen genauso wichtig, wie unser Finanzreport. Wir sind verantwortlich für 4.000 Familien, die direkt oder indirekt für uns arbeiten. Natürlich müssen wir uns Gedanken machen, woher das Material kommt aber wir müssen uns auch um das Wohl der Mitarbeiter und Zulieferer kümmern. Aber zurück zur Frage: Wir waren das erste Unternehmen, das für die Wasserpolizei Hybridversionen angeboten
hat. Ich glaube nämlich sehr an Hybride. Und daran, dass wir eine Lösung finden müssen, um irgendwann elektrisch zu werden. Aber momentan gibt es diese Technologie noch nicht. Um diese Yacht, auf der wir gerade sitzen, am Leben zu erhalten, die Aircondition, das Licht, Küche, Waschmaschinen und so weiter, braucht man viel Strom. Und die Lithium Batterien sind nicht die Lösung. Das Gewicht und die potentiellen Unmengen an Abfall, die sie eines Tages verursachen, werden immer völlig ausser Acht gelassen. Ich wünschte, dass jemand in den nächsten 15 bis 20 Jahren die finale Lösung dafür findet, denn dann können wir alle in die selbe Richtung marschieren. Momentan können wir nur alles daran setzen, die Emissionen zu reduzieren und das bedeutet für uns, anhand zum Beispiel von Carbon, das Gewicht zu reduzieren, denn dann benötigen die Yachten weniger Kraftstoff. Aber es gibt noch keine alternative Technologie, um die Performance zu bieten, die wir nun mal bieten müssen. Es gibt eine Lösung für den Hotel-Mode, wenn man im Hafen vor Anker liegt und sich an die Batterien anschließen kann. Aber das ist wie ein Aspirin zu nehmen, wenn man 40 Grad Fieber hat. Das gibt ein paar Stunden Erleichterung, das ist aber nicht die Lösung. Die Lösung muss von einem Genie kommen, denn wir können so die nächsten 10 bis 20 Jahre nicht weitermachen. Aber nochmals: Derzeit gibt es keine adäquate Lösung.
Aber wenn wir schon bei Zukunftsperspektiven sind:
Was würden Sie unseren Lesern denn gerne für das kommende Jahr wünschen?
Ich wünsche Ihnen Zeit. Das wertvollste Gut im Leben, das ich am meisten vermisse, ist Zeit. Wenn man reich ist, erfolgreich, wenn man es geschafft hat, etwas zu erreichen, dann greift der Wunsch, Zeit zu haben, um das Leben auch genießen zu können. Denn am Ende des Tages, auch wenn man viel Geld hat, gibt es nicht viel, das man ohne Zeit machen kann. Man kauft ein Boot und hat keine Zeit, es zu nutzen, besitzt einen Jet und hat keine Zeit, ihn zu fliegen oder wenn, dann nur geschäftlich. Man hat eine Kollektion an Autos, aber keine Zeit, sie zu fahren. Hat eine schöne Villa irgendwo auf der Welt, aber keine Zeit, sie zu besuchen oder zu genießen. Ich wünsche also allen bereits erfolgreichen Menschen – Zeit!
Autorin und Interview: Elke Bauer
Foto: Elke Bauer mit Alberto Galassi, CEO Ferretti Group an Bord der neuen Custom Line, in Monaco