Wir kennen ihn als regelmäßigen Interviewpartner unseres Magazins. Er ist mittlerweile ein fester Bestandteil von HARBOR geworden und begeistert viele tausend Leser mit seinen fundierten Analysen zur Welt des Geldes, mit seinen praktischen und klugen Ratschlägen für die Vermögensbildung unsere jüngeren Leser und mit den hochaktuellen Börsen- und Aktien-Tipps unsere vermögenden Anleger. Seine erfolgreichen wöchentlichen YouTube-Beiträge zählten in 2020 über 50.000 Zuschauer. Der von ihm gegründete ME-Fonds Special Values hat seit Gründung in 2002 einen Wertzuwachs von 280 Prozent vorzuweisen: Dr. Markus Elsässer. Hintergründe über einen großertigen Finanz-Fachmann, der mit Sicherheit seinesgleichen sucht.
Als Ältester von drei Kindern wächst er mit einer Schwester auf, die so wie er viele Jahre in Australien lebte und einem Bruder, der heute in den USA als promovierter Chemiker arbeitet. Seine zwei Söhne haben die Lust am kaufmännischen Denken geerbt und so gibt es regelmässig den Elsässer-Familienrat. Insbesondere die Einwände und Ideen der jungen Erwachsenen machen Markus Elsässer besonders Spass: „Da freue ich mich dann doch sehr, welch kluge und unkonventionelle Ideen die nächste Generation an den Tisch mitbringt!“ Wichtigster Teilnehmer ist aber seine Gattin, eine promovierte Kunsthistorikerin. Sie steht dafür, dass Qualität sich immer lohnt und Grosszügigkeit eine wichtige Tugend ist.
Diese Ausgabe von HARBOR heißt BELIEVE. Deshalb werde ich Dr. Markus Elsässer heute einmal ganz andere Fragen stellen:
Dr. Elsässer, an was glauben Sie?
Ich glaube daran, seiner Passion zu folgen. Nur so kann man mit Freude Top-Leistungen über einen langen Zeitraum erbringen. Ich glaube daran, dass Unabhängigkeit die Freiheit zu Ehrlichkeit und echter Anteilnahme ermöglicht.
Wann haben Sie erkannt, dass Ihre Passion mit Finanzen und Kommunikation zu tun hat?
Sehr früh. Meine beiden Großväter waren kaufmännische Vorbilder für mich, der eine als Aktien-Investor, der andere als Häute-und Fellhändler. Schon als Grundschüler habe ich immer sehr genau zugehört und aufgepasst, wenn meine Großväter aus ihrem Berufsleben erzählt haben. Der eine lehrte mich kaufmännische Weisheiten und Regeln, der andere hatte eine extrem gute Menschenkenntnis, die ich sehr bewunderte. Nach den Mendelschen Regeln habe ich wohl deren Kaufmanns-Gen geerbt. Schnell habe ich verstanden, dass zu einem guten Leben die nötigen finanziellen Mittel gehören. Dazu kommt, dass mein Vater, ein deutscher Diplomat, mir aufgrund unseres internationalen sozialen Umfeldes unschätzbare Einblicke in die Kunst des klugen Verhandelns und in die zielführende Kommunikation mit ganz unterschiedlichen Interessengruppen gewährt hat. Auch bei ihm habe ich genau aufgepasst, das wollte ich unbedingt lernen. Heute ist das eines meiner besonderen Merkmale: Eine Thematik oder eine Situation von wirklich allen Seiten durchdenken.
Bis zu Ihrem 10. Lebensjahr waren Sie in Hongkong in der Schule, sind danach auf das jesuitische Aloisiuskolleg nach Bad Godesberg gekommen. Wurden dort Ihre Begabungen weiter gefördert ?
Ja, da hatte ich ein Riesenglück und eine tolle Zeit. Zum Einen waren die Lehrer – alle mit einem Doppelstudium – sehr gut ausgebildet und entsprechend anspruchsvoll, zum anderen hatte der Pater, also der Leiter der Schule, eine großartige Persönlichkeit. Er hatte bald mein Interesse an Zahlen und Finanzen erkannt und gefördert. Er war ein weiteres Vorbild. Von ihm lernten wir Großherzigkeit, Humanismus, Anteilnahme und Gerechtigkeit. Und natürlich auch Rechnen (lacht). Viele Jahre später empfahl er mich einmal einem Unternehmer als Beirat mit dem Satz: „Von allen Schülern, die ich kenne, ist der Elsässer der Einzige, der das kann“. Da war ich schon etwas stolz.
Sie haben nach der Schule eine Lehre zum Bankkaufmann gemacht, Betriebswirtschaft studiert, promoviert und eine nach-akademische Lehre bei einem Wirtschaftsprüfer absolviert. Woher wussten Sie so genau, wo Sie hinwollten?
Bei mir war Folgendes ganz eindeutig: Meine Passion für Finanzen, mein Interesse an Kommunikation und Internationalität. Das alles hat sich früh herauskristallisiert. Um genau zu verstehen, wie Bilanzen zustande kommen, gelesen werden und wie da getrickst wird, habe ich extra diese Wirtschaftsprüferlehre absolviert. Ich hätte gleich als Fonds-Manager, Finanzberater oder Vermögensverwalter arbeiten können, habe aber entschieden, erst einmal die andere Seite, nämlich die der Unternehmen, kennenzulernen. Dadurch unterscheide ich mich wahrscheinlich in meiner Generation von fast allen anderen, denn ich habe bewusst bis zu meinem 42. Lebensjahr eine internationale Industrie-Laufbahn eingeschlagen, aber immer mit dem langfristigen Ziel, ein unabhängiger Investor zu werden.
Wer ein richtig guter Investor oder Finanz-Ratgeber sein will, muss wissen wie es auf der anderen Seite aussieht!
Wie begann Ihre Industrie-Karriere?
Ich fing an bei Dow Chemical (heute Dow Inc.), hatte da wieder das Riesen-Glück mit dem Finanzchef, einem Ungarn mit kanadischem Pass und einer herausragenden Persönlichkeit, zusammenzuarbeiten. Er kam selbst aus einem internationalen prominenten Haus (sein Vater war damals Vice Chairman von Occidental Petroleum unter dem großen Armand Hammer) und er hat mir die große globale Finanz-Industriewelt erschlossen. So ganz nach meinem Geschmack war, dass bei Dow Chemical jeder bis nach oben durchstarten konnte, egal welche Nationalität er hatte. Es gab den Präsidenten, einen ausgewanderten Italiener, einen kubanischen obersten Finanzchef und einen Vertriebschef aus Luxemburg. Diese beruflichen und auch menschlichen Erfahrungen haben mich ein großes Stück vorwärts gebracht.
Wie haben Sie „Ihre“ erste Finanzkrise 1987 erlebt?
Bei dem Finanzcrash 1987 habe ich live miterlebt, dass in dieser Krise und der Panik der Banken nichts mehr funktionierte. Das war ein einschneidendes Erlebnis. Seither habe ich eine große Skepsis gegenüber diesen Finanzderivaten, also Finanzprodukten der Banken. Ich habe erlebt, dass man mit ganz soliden ordentlichen Aktien sehr viele besser fährt als mit komplizierten Produkten wie Optionsscheinen, Optionen, Zertifikaten und Ähnlichem.
Als nächsten Karriere-Schritt wechselte ich zu Benckiser (heute Reckitt Benckiser Group Plc) ins General Management und hatte auch dort eine Art „Privat-Tutorium“ mit einem weiteren Förderer, Peter Harf. Er war damals gerade als junger Mann an Bord gekommen und hat im Laufe seiner Karriere die Eigentümer-Familie durch kluge Entscheidungen und Fusionen zur reichsten Familie Deutschlands gemacht. Ich habe Peter Harf erlebt, wie er Vorgänge skizzierte und durfte als seine rechte Hand auch in New York miterleben, wie das hinter den Kulissen der ganz grossen Investment Banker zugeht. Für Benckiser ging ich dann als General Manager nach Australien und danach war der nächste Karriere-Sprung in das Non-Food-Business zu der Storck-Gruppe nach Singapur als Managing Director Asia-Pacific. Die erfolgreiche Umsetzung meiner beruflichen Verantwortung, das „sich Hineinversetzen" in fremde Kulturen und Mentalitäten, ist für mich von unschätzbarem Wert.
Warum haben Sie sich 1998 selbstständig gemacht, anstatt risikolos 30 weitere Jahre Generaldirektor zu sein?
In all dieser Zeit hat mich die Passion des Investierens, die grosse Lust, unabhängiger Investor zu werden, nie verlassen. Ich konnte mich ja selbst einige Jahre prüfen und entschied 1998, dass ich genügend Know-how erworben habe, um diesen Weg erfolgreich einzuschlagen. Warum? Das Grossfinanz-System war und ist für den privaten Investor nicht mehr das, was früher die Privatbankiers oder auch gut ausgebildete Bankangestellte geboten haben. Um gut für die anvertrauten Gelder zu sorgen, reicht das nicht aus. Leute wurden mit Standard-Produkten überhäuft, ohne zu hinterfragen: Wie genau ist die Situation dieses Menschen, um wen handelt es sich? Das war früher die Stärke der Bankiers, die zum Teil Familien über mehrere Generationen betreut haben und sich Zeit nehmen konnten, ihre Kunden individuell zu betreuen. Zu Zeiten meiner eigenen Banklehre haben Berater die Beziehungen zu ihren Kunden über viele Jahre gepflegt, völlig losgelöst, ob eine oder keine Transaktion mit der Bank vorgenommen wurde. Sie waren solide ausgebildet, hatten ein sehr gutes und vor allem langfristig sicheres Einkommen. Heute ist die Grossbank eine reine Produkt-Verkaufsstelle und oft erlebe ich, dass redliche und ehrliche Finanz-Berater im Laufe ihrer Karriere der Firmenpolitik folgen mussten, auch wenn diese nicht zu jedem Kunden passt.
Wie kam es zu dieser fatalen Entwicklung im Banken-System?
Das ging in den Neunzigern los mit dem sogenannten Big Bang in London, als sich London zu einem modernen Finanzsystem gewandelt hat. Die Bank-Manager wurden nun an den Gewinnen der Bank beteiligt, Bank-Vorstände haben plötzlich Millionen verdient, und es gab immer weniger Banken-Grossaktionäre, die gesagt hätten:
„Sagt mal, seid Ihr alle verrückt geworden?“
Und im Bankensystem haben alle gerne mitgemacht. Die Denke ist ja, dass man nur einige Jahre da oben sitzt und in dieser Zeit maximal mitnehmen muss, was man kriegen kann. Diese Entwicklung ist im Prinzip aus dem angelsächsischen Raum zu uns herübergeschwappt und für den nichts ahnenden Kunden wurden nun neue Produkte kreiert, wie Zertifikate oder Private Equity, die der Bankangestellte für einen Bonus verkaufen sollte und die Bank, und damit die Manager, daran mehr verdienen können als an dem üblichen Aktien-Depot. Nach dem Krieg hatten wir einige große Banker wie Hermann Josef Abs von der Deutschen Bank, Jürgen Ponto von der Dresdner Bank und Paul Lichtenberg von der Commerzbank. (Der letzte grosse Banker war für mich Alfred Herrhausen). Diese Herren hatten gute Wertpapier- und Kreditfachleute ausgebildet, denen man eine langfristige Karriere zugesichert hatte. Das ist heute alles über Bord geworfen, es geht nur noch um das schnelle Geld.
Die individuelle und neutrale Beurteilung ist Ihre Stärke. Was machen Sie anders ?
Die individuelle Betreuung gibt es also von Grossbanken seit den Neunzigern nicht mehr und genau sie ist meine Stärke, die ich mit der Selbständigkeit weiter intensiv ausbauen konnte. Sehen Sie: Mein eigenes Vermögen erwirtschaftete ich im Rahmen meiner internationalen erfolgreichen Industrie-Karriere und bin somit 1998 bewusst unabhängig in die Selbständigkeit gegangen. Ich hätte auch bei Goldman Sachs einsteigen oder als Partner oder Kompagnon bei einer Privatbank arbeiten können, aber eine echte Freiheit in der Beurteilung hat man nur, wenn man auch völlig interessenfrei und unabhängig ist.
Mein Streben nach Unabhängigkeit ist vor allem das Streben nach unabhängiger Meinung: Ich möchte immer und jederzeit in der Lage sein, meine Meinung frei zu äussern und zwar zum Nutzen der Zuhörer.
Erzählen Sie uns über Ihre Passion des unabhängigen Beraters von Vermögensinhabern
Auf diesem Gebiet habe ich ganz unterschiedliche Familien sehr erfolgreich beraten, zum Beispiel auch, wenn es darum geht, die Familien-Philosophie auf die nächste Generation zu übertragen. So dass zwei oder sogar drei Generationen am Tisch sitzen und gemeinsam den Umgang mit dem Familien-Vermögen besprechen. Dies funktioniert besser, wenn zumindest am Anfang dieser Sitzungen eine neutrale und anerkannte Person dabei ist, denn das nimmt erst einmal die familiären Emotionen raus.
Ich hatte sehr oft die Rolle des Beraters des Eigentümers inne, als eine graue Eminenz dahinter. Der Eigentümer erzählte mir, wie es im Beirat läuft und welchen Kummer er hat, und ich habe ihm aufgrund meiner Lebens-und Berufserfahrung neutrale und zielführende Ratschläge gegeben. In Beiräten habe ich oft festgestellt, dass zwar wohlklingende Namen, pensionierte Generaldirektoren oder Top-Anwälte anwesend sind, dass der Vermögensinhaber aber letztendlich von Ja-Sagern umgeben ist, wenn es um wichtige und langfristige Entscheidungen geht. Warum soll man Krach schlagen und am Ende noch das schöne Mandat verlieren? Letzen Endes ist es ja nicht eigenes Geld. Ein anderer Fehler, den ich häufig beobachte, ist, dass Unternehmer, die durch die Gewinne der Firma oder dem Firmenverkauf nun Geld haben, um das sie sich kümmern müssen, viel zu emotional, kompliziert und nicht mit der nötigen Distanz an diese Sache rangehen. Auch da ist mein Anliegen, das unternehmerische Talent, das Bauchgefühl, das dieser Mensch ja hat, umzupolen auf den Vermögens-Bereich. Ich habe immer wieder beobachtet, dass tolle Unternehmer, wenn es um Geldanlagen geht, völlig die Verantwortung abgeben.
Viele bauen grosse Family Offices auf, mit vielen Angestellten, und landen am Ende unter dem Diktat dieser Mitarbeiter oder der eigenen Beiräte. Nur deshalb, weil sie sich selbst nicht genug zutrauen, obwohl sie das unternehmerische Talent bewiesen haben. Hier bin ich ein Brückenbauer, der hinter den Kulissen den Vermögensinhabern aufzeigt, wie man das Ganze mit richtig gutem Sachverstand und einer klaren Familien-Philosophie sehr viel besser hinbekommt. In Deutschland gibt es hier ein ganz große Lücke, die ich gerne bediene, denn die Grossbanken können das nicht, sie haben standardisierte Systeme. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung in Unternehmen und mit Börsen von Australien, Asien, USA und Europa sehe ich hinter die Kulissen und kann deshalb auch erklären, warum man gerade von einem Unternehmen besser die Finger lässt, weil zum Beispiel der Aufsichtsrat zu schwach ist, um einen starken Vorstandsvorsitzenden einzusetzen, oder warum Grossbanken jetzt ausgerechnet dieses Produkt empfehlen – da kenne ich die Hintergründe. Familien sind auch oft in Multi-Family-Offices. Da kläre ich dann die Inhaber auf, warum nun plötzlich zum Beispiel eine Beteiligung auf Rügen mit Nobelhotel so gepusht wird – weil da eben hohe Provisionen abkassiert werden.
Für mich ist das der Tatbestand des „Parteien-Verrates“.
Wie läuft so ein Treffen mit Ihnen ab?
Aufgrund dessen, dass ich große Erfahrung im Umgang mit ganz unterschiedlichen Menschen habe und auch dadurch, dass ich unabhängig bin und mich nicht um tausend Mitarbeiter kümmern muss, habe ich ungeteilte Zeit, wenn jemand zu mir kommt und wir können uns ganz in Ruhe unterhalten. In der Regel kommt jemand mit einem konkreten Anliegen. Das Treffen findet in meinem Haus statt, diskret, keiner hört zu, keiner läuft rum. Gerne verbunden mit einem Waldspaziergang oder auch vor dem Kamin mit Tee oder Kaffee. Es ist meistens mehr Gesprächsbedarf als zuerst gedacht, denn Unternehmer sind sehr belastet, müssen sich um die Firma kümmern, machen sich Sorgen wie es weitergeht, haben Übergangsphasen mit Handlungsbedarf, entweder zur nächsten Generation oder zu einer neuen Ausrichtung des Kapitals.
Mein Anliegen ist immer, die Leute vor Schaden zu bewahren. Offenheit in diesem Zweiergespräch ist mir ganz wichtig. Ich übernehme da auch eine große Verantwortung wenn ich sage: „Also Herr Müller, ich glaube, das müssen Sie einmal anders herum betrachten.“ Aufgrund meiner, über viele Jahre geschärften Urteilskraft, meiner Erfahrung und Menschenkenntnis, stehe ich hundertprozentig hinter meinen Aussagen. Es liegt nicht in meinem Naturell, Leuten etwas anzubieten, hinter dem ich nicht selbst stehe. Dieses Standing lernt man nur über die Jahre und das hat auch nicht jeder. Und es gibt im Leben immer neue Baustellen, sei es Familie oder berufliche und finanzielle Entwicklungen, und die gilt es wegzuräumen. Dafür ist es nie zu spät. Gerade zur Zeit sind die Menschen sehr verunsichert und merken, dass sie sich doch langsam um einiges kümmern müssen, für das sie noch nicht die richtigen Antworten gefunden haben. In dieser konzentrierten Ruhe und absolut ohne Zeitdruck kann ich mich in die spezifischen Sachverhalte hineinversetzen. Ich kann auch Mut dafür machen, dass es viel besser ist, Dinge mit der Familie und den Erben zu Lebzeiten zu klären. Aus meiner Erfahrung kann ich nur berichten, dass danach der Familienverband immer sehr positiv beeinflusst und gefestigt wurde.
Das Fazit: Alte kaufmännische Regeln gepaart mit Einfühlungsvermögen und Anteilnahme führen zu guten Lösungen. Ich mag Menschen, die echte Anteilnahme zeigen können. Was nützen uns Menschen, die auch nichts mit ihren Kindern anzufangen wissen und die einfach nur Egoisten sind? Das Feedback meiner Besucher ist, dass meine freundliche und sehr ehrliche Art dazu ermutigt, Dinge eben auch von einem ganz neuen Standpunkt aus zu sehen. „Der Elsässer ist wie ein Privatbankier aber ohne Bank“. (Lacht).
Mein Credo: komplizierte Finanz-Angelegenheiten einfach gestalten.
Nennen Sie uns aktuelle Beispiele aus dieser Beratung:
Ein Beispiel: selbständiger Gewerbetreibender mit einstelligem Millionenvermögen.
Hier war der Fall so, dass der Firmeninhaber sein Unternehmen verkaufen wollte und dafür mit mir als diskretem und unabhängigem Mentor die verschiedenen Verkaufs-Optionen beleuchten wollte. Im Laufe des Gespräches stellte sich immer mehr heraus, dass die Überlegung des Unternehmers aus Familien-Gesichtspunkten völlig falsch war, da es einen Enkel gab, der zwar noch einige Jahre zu jung war, aber trotzdem das Zeug und die Lust hatte, das Geschäft zu übernehmen. Die richtige Entscheidung war also in diesem Fall, das Unternehmen noch einige Jahre weiterzuführen und es dann diesem jungen Familien-Mitglied zu übergeben. Der Unternehmer hatte daran einfach zuerst nicht gedacht, besprach dann alles mit der Familie und seinem Enkel und dieser neue Ansatz führte zu einer sehr erfolgreichen langfristigen Entwicklung, sowohl innerhalb der Familie als auch im Unternehmen.
Solche ganzheitlichen Betrachtungen, von der Wiege zur Bahre, sind mein Interesse. Ich bin wie ein Privatarzt, der hört, wo es drückt, und oft einen ganz anderen Grund des Problems sieht. Ich möchte wissen, wieviel man überhaupt vererben möchte, wer denn die Erben sind, welche Neigungen und Ausbildungen sie haben, ob sie vielleicht gut einige Häuser verwalten könnten, aber dem Umgang mit geölten Vermögensverwaltern nicht gewachsen sind. Wenn es nämlich so wäre, wäre es ja Unfug, in zehn Jahren ein grosses Aktienvermögen aufzubauen. Man sollte dann eher Immobilien erwerben, die die Erben mit einer einfachen Verwaltungsgesellschaft auch selbst managen können.
Dieses Gespür und das Herausarbeiten einer Familien–Philosophie sind es, was mir Spass macht und auf was es meines Erachtens auch ankommt. Sinnvoll Vermögen verwalten und weitergeben. Ich kann auch dann Brücken bauen, wenn man mit den späteren Erben erstmalig am Tisch sitzt und prüfen möchte, ob der eine oder andere der jungen Generation Interesse an den unterschiedlichen Vermögenswerten hat. Das gab es oft in diesen Familien vorher nicht, und der Familienchef ist manchmal sehr erstaunt, mit welchem Respekt, welcher Anteilnahme und guten Einfällen sich die jüngere Generation einbringen möchte. Das passiert eben nicht im Gespräch mit dem Steuerberater, Banker oder Anwalt. Diese können immer nur aus einer Spezialisten-Sicht ein kleines Teilsegment beurteilen aber beschäftigen sich eben nicht vollumfänglich mit dem Klienten.
Ein Beispiel aus dem Bereich Großvermögen:
Über viele Jahre habe ich eine Notarsfamilie betreut. Der Notar hatte vorher neben seiner Arbeit aus eigenem Interesse und zum Teil mit schlechter Beratung ein riesiges Sammelsurium an geschlossenen Immobilienfonds, Schiffs-Fonds, Aktiendepots und vieles mehr, an hochkomplizierten Anlagen gekauft. Hier haben wir mit der nächsten Generation über ein Jahr lang regelmässig zusammengesessen und das Vermögen nach einer vorher festgelegten Familien-Ethik umstrukturiert. Die Grundpfeiler waren: Es gibt keine Geldanlage mehr, bei der es völlig offen ist, wie man jemals wieder an sein Geld kommt ( wie zum Beispiel Geschlossene Fonds, Private Equity). Es gibt nur noch Vermögenswerte wie Aktien oder Gold, die auf den eigenen Namen gehalten werden, bei denen man keine komplizierten Rechtskonstruktionen benötigt und die vor allem jederzeit einen Preis haben. Bei denen man mit einem Telefonat sein Geld zum aktuellen Preis zurückbekommen kann. Keine Anleihen sondern Sachwerte. Die Grösse der einzelnen Posten wird individuell so veranlagt, dass alle gut schlafen können. Diese Details werden bei den üblichen Bank-Beratungen fast nie genau herausgearbeitet.
Man benötigt punktuell weniger Beratung und schon gar keine lebenslange Beratung. Das ist der eigentliche Witz.
Abgesehen von einer sicheren Anlage, einer guten Rendite und einer einfachen Struktur des Vermögens gibt es noch einen großen Unterschied:
Mein Interesse ist, nicht nur dem Vermögensinhaber, sondern auch der nächsten Generation zu ermöglichen, ihre Vermögensanlagen zu verstehen und möglichst auch alleine zu managen.
Das heißt, sie sollen möglichst unabhängig sein. Viele Leute haben sehr viel Geld, sind aber de facto von sogenannten Profis abhängig. Entweder von ihren Family Office Managern, oder sie haben einen Mitarbeiter in der Bank, der will dann mal zeigen was für ein Kracher er ist und investiert in diese ganzen komplizierten Finanzprodukte. Der Vermögensinhaber versteht immer weniger und wird ganz unruhig, lässt sich dann von grosskopferten Beiräten drangsalieren und sagt am Ende: „Ein Glück, dass wir den Herrn Meier haben!“. Das will ich verhindern. Ich möchte, dass die jetzigen und zukünftigen Vermögenden ein richtig gutes Gefühl bekommen und sagen können, wir wissen, warum wir so aufgestellt sind und auch wie es geht.
Dr. Elsässer, vielen Dank für dieses Interview!